Umzug: Die IG Metall Gütersloh-Oelde bezieht heute ihre Geschäftsstelle in Rheda-Wiedenbrück. Aus Gewerkschaftssicht ein traditioneller Standort
Der Gummibaum steht schon nicht mehr an seinem angestammten Platz auf der Fensterbank, die meisten Akten warten - in Kartons verpackt - auf ihren Abtransport. Kurzum: Am Sparrenburgweg 1a herrscht Aufbruchstimmung. Die IG Metall, die dort seit 1989 ihren Sitz hatte und dort Politgrößen wie Franz Müntefering begrüßen durfte, nahm gestern Abschied von der langjährigen Geschäftsstelle und bezieht ab heute die Villa Hagedorn in Rheda-Wiedenbrück. Fast möchte man sagen: zurück zu den Wurzeln.
Denn in unmittelbarer Nähe des neuen Domizils gründeten Arbeiter des Simonswerkes im April 1906 eine Zahlstelle des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes, einem Vorläufer der IGM. Die erste Niederlassung der Metall-Gewerkschafter im Kreis befand sich somit am selben Ort, an dem nun wiederum die Geschäftsstelle bezogen wird. Eine nette Anekdote am Rande, die bei der Entscheidung für den Umzug allerdings keine Rolle spielte. Dafür verantwortlich ist vielmehr die Zusammenlegung zur IG Metall Gütersloh-Oelde im Jahr 2012, der mit einer gemeinsamen Geschäftsstelle nun auch räumlich Rechnung getragen wird.
Trotz der engen Zusammenarbeit gab es nämlich sowohl in Gütersloh als auch in Oelde jeweils eine Niederlassung, so dass die Mitarbeiter einmal wöchentlich reisen mussten, um sich mit den Kollegen zu treffen. Mal fuhren die Gütersloher nach Oelde, mal waren die Oelder am Sparrenburgweg zu Gast. Und auch die Kommunikation per Telefon oder E-Mail erwies sich als wenig praktisch, weshalb schließlich Nägel mit Köpfen gemacht wurden. "Die Geschäftsstelle in Rheda-Wiedenbrück befindet sich in der geografischen Mitte", beschreibt der Gütersloher Gewerkschaftssekretär Hans-Werner Heißmann-Gladow den großen Vorteil des neuen Standortes. Aber die Villa Hagedorn mit ihren 500 Quadratmetern Nutzfläche kann noch anderweitig punkten: Mussten Seminare und Konferenzen bislang in Hotels abgehalten werden, so verfügt die IGM an ihrem neuen Standort über einen eigenen Konferenzraum für 50 Personen. Mit ihren 16.100 Mitgliedern dürfte die IG Metall Gütersloh-Oelde über genügend Interessenten für eine Saalnutzung verfügen, zumal die in Gütersloh ansässigen Gewerkschaften Verdi, GEW, EVG, BAU und GdP keine eigenen Räumlichkeiten vor Ort besitzen. Auch deren Mitglieder werden sicherlich des Öfteren in dem großen Raum tagen.
Eigentlich war der Umzug in die Villa ja schon für den September vorgesehen, doch unerwartete Probleme wie ein nicht mehr vorhandener Abwasseranschluss machten diesem Termin einen Strich durch die Rechnung. Da zudem das Heizungssystem in dem denkmalgeschützten Gebäude erneuert werden musste, nahm das Projekt neben viel Zeit auch eine Menge Geld in Anspruch. "Wie hoch die Summe ist, kann ich aber nicht sagen, da wir ja nur Mieter der IGM-Vermögensgesellschaft sind, der das Haus gehört", erläutert Heißmann-Gladow. Dumpingpreise dürften es indes nicht gewesen sein, da die IGM - wie es sich für eine Gewerkschaft geziemt - ausschließlich Handwerksbetriebe beauftragte, die sich an die Tarifverträge halten. "Und das ist gar nicht so einfach", weiß der Experte nun.
Aber was lange währt, wird endlich gut: In Rheda-Wiedenbrück dürfen sich Heißmann-Gladow und seine Kollegen nicht nur auf frisch sanierte Büros, sondern auch auf neue Möbel freuen: "In hellem Ahorn anstatt in Gewerkschaftsgrau." Teile des alten Inventars wurden über das Internet verkauft; gestern Mittag waren bei Ebay noch drei Schreibtische zu haben. "Und das für wenig Geld", sagt der Sekretär. Die Gewerkschaft fühlt sich dem kleinen Mann eben verpflichtet.