Zeit statt Geld – Metall-Beschäftigte in NRW zeigen großes Interesse an neuen Tarifregeln für mehr freie Tage
Neue Regelungen der IG Metall zur tariflichen Freistellungszeit kommen gut an – Gerade Schichtarbeiter wollen Zeit statt Geld – Tarifkommission beschließt neuen Manteltarifvertrag
Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie in NRW zeigen großes Interesse an neuen Möglichkeiten, im kommenden Jahr mehr freie Tage zu haben. Dies ergab eine erste Stichprobenumfrage bei Betriebsräten in rund einem Viertel der Betriebe in der Branche.
Die neuen Regelungen sehen vor, dass Beschäftigte beruflich kürzertreten können, etwa wenn Familienaufgaben es verlangen. Die Regelungen gelten für Beschäftigte mit Kindern unter acht Jahren, für Beschäftigte mit zu pflegenden Angehörigen und – wegen der großen Belastung – für Beschäftigte in Schichtarbeit. Bis Ende Oktober konnten sie entscheiden, ob sie für das kommende Jahr acht zusätzliche freie Tage beantragen. Die freien Tage bekommen sie statt eines tariflichen Zusatzgeldes, das im kommenden Sommer ausgezahlt würde.
„Wir stellen seit Jahren fest, dass viele Beschäftigte in Schichtarbeit sich zunehmend belastet fühlen. Deshalb wundert es uns nicht, dass gerade sie Zeit statt Geld wählen“, sagt Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall NRW. Bisher wurden der IG Metall aus einem Viertel der Betriebe der Metall- und Elektroindustrie Zahlen gemeldet. Dort haben bisher rund 17.000 Schichtarbeiterinnen und Schichtarbeiter einen Antrag auf zusätzliche freie Tage statt Geld gestellt. Dies sind rund 60 Prozent der Anspruchsberechtigten in diesen Betrieben. Weitere 4.400 wollten die Regelung nutzen, um mehr Zeit für ihre Kinder zu haben. 1.500 Beschäftigte wollen die freien Tage zur Pflege von Angehörigen nutzen.
Die tariflichen Regelungen waren im Frühjahr dank massiver Warnstreiks, zu denen zum ersten Mal auch ganztägige Warnstreiks gehörten, erkämpft worden. In den Betrieben in NRW hatten über 200.000 Beschäftigte die Arbeit niedergelegt. „Wie wir jetzt sehen, hat sich der Kampf gelohnt“, sagte Giesler. „Mit dem Tarifabschluss ist uns als IG Metall der Einstieg in eine neue, familienfreundliche Arbeitszeit gelungen. Die tarifliche Freistellungszeit trifft den Nerv der Zeit. Jetzt kommt es darauf an, dass Arbeitgeber und Betriebsräte praktikable Lösungen finden, damit alle Beschäftigte ihr Wahlrecht nutzen können. Mit einer vorausschauenden Personalplanung sollte das gelingen.“
IG Metall NRW mit neuem Manteltarifvertrag – Alle Arbeitszeitbestimmungen gebündelt, Regelungen für Auszubildende in einem Kapitel zusammengefasst
Am Mittwoch, den 14.11.2018 hat zudem die IG Metall-Tarifkommission für die Metall- und Elektroindustrie in NRW einen neuen Manteltarifvertrag (MTV) für die Branche beschlossen. Der MTV wurde modernisiert, redaktionell angepasst und überarbeitet, um seine rechtssichere Anwendung zu gewährleisten. So wurden überholte Regelungen gestrichen (z.B. regelmäßige Arbeitszeit 8 Stunden, Berechnung Kündigungsfrist erst ab Alter 25), alle Arbeitszeitbestimmungen aus Tarifverträgen in den MTV integriert, alle Regelungen für Auszubildende in einem Kapitel zusammengefasst und geänderte Regelungen von Gesetzen (z.B. Berufsbildungsgesetz) eingearbeitet. „Mit dieser Überarbeitung wurde auch die Struktur des Tarifvertrags grundlegend umgestellt. „Dies führt zu einer deutlich besseren Lesbarkeit und Nutzerfreundlichkeit“, so Giesler. Darüber hinaus wurde mit METALL NRW eine Regelung zum Thema Flexible Arbeitszeitkonten (Flexi-Konten) vereinbart, die sich nun im Manteltarifvertrag wiederfindet. Dies war noch eine Verhandlungsverpflichtung aus der Tarifrunde zu Jahresbeginn. Die Flexi-Konten dienen der flexiblen Gestaltung der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen. Sie verstetigen Beschäftigung und helfen damit, Kurzarbeit möglichst zu vermeiden. Die Einführung eines Flexi-Kontos kann durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung erfolgen. Dort werden Einzelheiten und Verfahrensfragen geregelt.