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„Wir brauchen Industriearbeit“

Festredner der Kundgebung zum 1. Mai auf dem Zechengelände war der neue Erste Bevollmächtigte der IG Metall Gütersloh-Oelde, Thomas Wamsler, der die Gelegenheit nutzte, sich in Ahlen vorzustellen. Dann ging er jedoch sofort ins Eingemachte mit dem Thema Europawahl. Wamsler bedauerte, dass es in Teilen der Bevölkerung kein Vertrauen mehr in die Demokratie gebe. Dies liege daran, „dass zu wenig Beteiligung und zu wenig Transparenz in der Politik besteht“. Wamsler: „Wir müssen die Demokratiekrise dringend beenden.“

Das Übel in Europa komme von rechts. Beunruhigt sei er, weil Gewerkschaftsmitglieder überproportional oft AfD wählten. Dies gelte gerade für junge Menschen. Daher zählte der Erste Bevollmächtigte auf, was die AfD an sozialen Einschnitten und Einschränkungen von Arbeitnehmerrechten anstrebe: die Privatisierung der Arbeitslosenversicherung zum Beispiel, die Abschaffung der Gewerbesteuer oder auch der Verzicht auf öffentlich geförderte Kindergärten. Es gelte, Aufklärungsarbeit zu leisten.

„Die Rechten in Europa wollen kein einiges Europa. Sie wollen kein Europa der Arbeitnehmerrechte, der Mitbestimmung“, klärte Thomas Wamsler auf. Dabei hänge gerade Deutschland von Europa ab. Dies gelte direkt oder indirekt für 30 Prozent der Arbeitsplätze hier. „Wir kämpfen auch für ein vereinigtes Europa, weil es keine Selbstverständlichkeit ist, dass zwischen europäischen Staaten kein Krieg herrscht – dass europäische Staaten Nachbarn sind und keine Gegner.“

Krieg sei kein Mittel der Politik. Bei Krieg könne man alle Arbeitnehmerrechte vergessen. Schon deshalb sei „Friedenspolitik für Gewerkschaften ein zentrales Thema“. Thomas Wamsler: „Für uns muss es immer heißen: Nie wieder Krieg!“

Ein weiteres Thema waren die Arbeitsplätze in der Automobilindustrie mit Blick auf E-Autos. Die Verlagerung von Industriearbeit nach Osteuropa und Asien prangerte Wamsler an und verwies auf Gefahren der Digitalisierung.

In seiner Rede forderte der Gewerkschafter die Schaffung eines Transformationskurzarbeitergelds. Hier gehe es um „Qualifizierung statt Entlassungen“. Wamsler machte auf die große Demonstration am 29. Juni in Berlin aufmerksam. Die heimische IG Metall setzt Busse ein – auch von Ahlen aus.

„Industriearbeit ist ein Thema, das uns in unserer Region – in Ahlen besonders – beschäftigt“, zeigte der Erste Bevollmächtigte auf. „Es muss unser Interesse als Gewerkschaften sein, dass in Ahlen Industriearbeit, Produktionsarbeitsplätze angesiedelt werden“, erklärte Wamsler und meinte weiter: „Wir brauchen Industriearbeit in Ahlen, nicht weitere Möbelhäuser und Logistiker – und alle Beteiligten müssen an den Tisch kommen, um genau dies zu ermöglichen.“

Es bedürfe eines grundsätzlichen Verständnisses für Industriearbeit und wirtschaftliche Entwicklung einer Stadt und einer Region. „Dazu gehört auch eine intensive Zusammenarbeit der Stadt mit den Gewerkschaften.“ Der 1. Mai gehöre zur Stadt Ahlen, zur besonderen Kultur der Stadt Ahlen. Alle Beteiligten hätten dafür zu sorgen, dass die Kultur aus Industrien und Entwicklung nicht zur musealen Dienstleistung werde, sondern gelebte Kultur in Ahlen bleibe. Die IG Metall leiste gerne ihren Beitrag.

Auch das Thema Bildung sprach Thomas Wamsler an. Er kritisierte scharf den Zusammenhang zwischen dem Einkommen der Eltern und den Bildungschancen für Kinder und forderte Chancengleichheit für alle. Zum Schluss ging er noch auf die Renten ein, die zum Leben ausreichen müssten.