Ausstieg aus dem Tarifvertrag: Gewerkschaft droht mit Streik. Gießerei möchte Sanierungsweg fortsetzen und fürchtet hohen Tarifabschluss.
Wenn zwei das Gleiche wollen, ist es noch lange nicht dasselbe. In Abwandelung dieser Weisheit prallen gerade die Interessen der Gießerei Procast Guss (bis vor einem Jahr Claas Guss) und der IG Metall aufeinander. Die Gießerei mit Sitz an der Brockhäger Straße in Blankenhagen hat die Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband zum Jahresende gekündigt. Gleichzeitig soll über einen neuen Standortsicherungsvertrag verhandelt werden.
Karl-Heinz Kalze, Procast-Geschäftsführer, bestätigt, dass das Unternehmen seinen Austritt aus der Fachgruppe Metall des Unternehmerverbandes Gütersloh erklärt habe. Grund sei die schwierige Situation des Unternehmens, das sich gerade in der Restrukturierungsphase befinde. Ein Ergänzungstarifvertrag, der noch bis 31. Dezember 2017 gültig ist, hatte bei der Sanierung geholfen. Darin haben die Beschäftigten im ersten Jahr auf 80 Prozent und im zweiten Jahr auf 40 Prozent ihres Urlaubs- und Weihnachtsgeldes verzichtet - zusammen etwa 1,2 Monatsgehälter. "Wir werden 2017 zwar noch mit einem Verlust abschließen, dieser ist jedoch deutlich geringer als in den Vorjahren", so Kalze. Seit Februar werde in der Gießerei nicht mehr kurzgearbeitet, und die Auslastung steige. Lag der Umsatz 2016 noch bei 44,2 Millionen, sei er in 2017 auf 50 Millionen Euro gestiegen. "2018 könnte der Umsatz noch einmal um fünf Prozent steigen. Dann hoffen wir auch, die Gewinnzone zu erreichen", so Kalze.
Stolperstein auf dem Weg könnte die anstehende Tarifverhandlung sein - die Gewerkschaft fordert sechs Prozent mehr Geld und eine kürzere Arbeitszeit im Schichtdienst mit Teilausgleich durch den Arbeitgeber. "Auch wenn das Ergebnis am Ende geringer ausfällt - das wäre in unserer jetzigen Situation nicht akzeptabel", so Kalze. Um keine Fristen zu versäumen, habe man zum 30. September den Austritt aus dem Arbeitgeberverband erklärt.
Ein Schritt, der Beate Kautzmann, 1. Bevollmächtigte der IG Metall Gütersloh-Oelde, massiv verärgert: "Das ist keine typische Tarifflucht, sondern der Versuch des Arbeitgebers, die IG Metall und ihre Mitglieder im Betrieb unter Druck zu setzen."
Ein Wiedereintritt sei möglich, betont dagegen Kalze - sofern ein weiterer Ergänzungstarifvertrag abgeschlossen werde, der das Unternehmen auch weiterhin entlaste.
Geschäftsführer zeigt sich gesprächsbereit
Diese Vorgehensweise lehnen die Mitglieder der IG Metall im Betrieb ab. Beate Kautzmann: "Es kann nur Verhandlungen auf Augenhöhe geben, was nichts anderes heißt: Erstens Rückkehr in den Arbeitgeberverband und zweitens Verhandlungen für einen neuen Standortsicherungstarifvertrag."
Die 1. Bevollmächtigte der IG Metall meint, der Geschäftsführer und die Ergocast Guss GmbH als Eigentümer provozierten mit ihrem Verhalten einen Großkonflikt. Kautzmann: "Keiner will gerne streiken, aber wenn es sein muss, ist es das letzte Mittel, das Beschäftigte haben, um ihre Interessen durchzusetzen."
Im vergangenen Jahr hatte die Claas KGaA mbH in Harsewinkel die Claas Guss GmbH an das Unternehmen Ergocast Guss in Jünkerath verkauft. In diesem Zusammenhang verlangten die neuen Inhaber einen Personalabbau von über 30 Mitarbeitern und finanzielle Opfer von den Beschäftigten. "Da die neuen Inhaber nicht bereit waren, vernünftige Abfindungen zu zahlen, kam es zu keinem Interessenausgleich und Sozialplan, der den geplanten Abbau regelte", sagt Kautzmann. Aktuell stehe noch der Abbau von neun Stellen im Raum. "Dazu treffen wir uns am 14. November erneut zu Gesprächen", so die Gewerkschafterin.
Kalze zeigt sich gesprächsbereit und hofft auf eine Beilegung des Konfliktes. "Wir müssen Personalkosten reduzieren", betont er. Nur so könne das Unternehmen dem internationalen Marktdruck standhalten. Derzeit arbeiten bei Procast Guss laut Kalze in Gütersloh 178 Mitarbeiter, im Vorjahr waren es noch 200.