Rund 200 Betriebsräte und Vertrauensleute der IG Metall aus den Betrieben der nordrhein-westfälischen Metall- und Elektroindustrie diskutierten heute auf einer Arbeitszeitkonferenz der IG Metall NRW intensiv die Perspektiven einer künftigen Arbeitszeitpolitik.
Der erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann, sagte am Donnerstag in Düsseldorf, dass die IG Metall eine arbeitszeitpolitische Kampagne starte. Sie habe das Ziel, die gewerkschaftliche und der persönliche Souveränität im Umgang mit der Arbeitszeit zurückzugewinnen. „Wir wollen mehr Selbstbestimmung bei gleichzeitig weniger Fremdbestimmung. Die Beschäftigten erwarten mehr Möglichkeiten, um im Alltag ihre Arbeitszeit selbstbestimmt zu gestalten. Das reicht vom Recht auf mobiles Arbeiten bis hin zur Schichtgestaltung im Team. Dafür müssen wir einen kollektiven Rahmen schaffen, der Raum für individuelle Lösungen bereithält“, sagte der Gewerkschafter. Hofmann betonte, dass gerade die Generationen der Lebensmitte sich neue Möglichkeiten der flexibleren Arbeitszeitgestaltung wünschten, um individuelle Bedürfnisse für Kinderbetreuung, Pflege oder Qualifizierung besser zu verwirklichen. Sorge bereite der IG Metall, dass in vielen Betrieben Arbeitszeit verfalle oder nicht einmal erfasst werde. Laut einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle bekommen Arbeitnehmer nur etwa ein Viertel ihrer Überstunden vergütet. Im Jahr 2010 wurden 1,4 Milliarden Stunden nicht bezahlt. Hofmann: „Arbeitszeit muss erfasst und vergütet werden. Unbezahlte Mehrarbeit ist ungerecht.“
In der Tarifrunde 2014 für die Metall- und Elektroindustrie hatten IG Metall und Gesamtmetall eine Gesprächsverpflichtung zum Thema Arbeitszeit vereinbart; die Federführung dazu liegt in Nordrhein-Westfalen. Der Bezirksleiter der IG Metall NRW, Knut Giesler, sagte dazu, dass es im Kern um die Frage gehe: Wieviel Flexibilität trauen wir uns gegenseitig zu? Man habe ein gemeinsames Verständnis davon, dass zum Beispiel neue Produktionsprozesse in den Unternehmen neue Formen der Flexibilität erfordern. Aber Flexibilität dürfe keine Einbahnstraße sein. Auch Beschäftigte müssten umgekehrt von Arbeitgebern Flexibilität verlangen können, damit sie private Belange gegenüber dem Unternehmen reklamieren könnten.
Darum verfolge die IG Metall in den Gesprächen mit den Arbeitgebern drei Ziele. „Erstens sollen die Beschäftigten freier über ihre Zeit verfügen können. Das können einzelne Stunden oder Tage sein, die man auch spontan frei nehmen kann. Aber auch längere Auszeiten. Zweitens wollen wir, dass die Menschen gesund bleiben. Denn immer häufiger machen Leistungsverdichtung, Stress, ständige Verfügbarkeit und psychische Belastungen den Beschäftigten zu schaffen. Und drittens muss die Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben verbessert werden“ so Giesler. Bei all dem bleibe die 35 Stunden-Woche das Maß aller Dinge. „Wir reden nur über die Flexibilisierung, nicht aber über das Volumen“, so der Gewerkschafter.
In der Tarifrunde für die Metall- und Elektroindustrie im Frühjahr 2016 werde das Thema noch keine Rolle spielen. „Wir müssen die Diskussion in den Betrieben breit führen“, sagte Hofmann. Giesler kündigte an, dass die IG Metall in NRW die Diskussion ab der großen Bezirkskonferenz der IG Metall im Juni 2016 vorantreiben werde.