Metall- und Elektroindustrie: 1.800 Mitarbeiter aus Früh- und Tagschichten von 21 Unternehmen haben sich an einer Warnstreik-Kundgebung in Bielefeld beteiligt. Aufgerufen waren auch Arbeitnehmer von Hörmann
Der Tarifstreit geht weiter: In zwei Zügen marschierten die Teilnehmer am Dienstag zum Veranstaltungsort der Firma Miele in Bielefeld, wo um 14.30 Uhr die einstündige Kundgebung begann. Die Streikenden machten lautstark deutlich, dass sie im Zweifelsfall zu einem 24-stündigen Warnstreik bereit wären, falls die Verhandlungen am Mittwoch ohne Ergebnis bleiben. Heute treffen sich die Verhandlungsführer in Baden-Württemberg zur vierten Tarifrunde, die Sig-nalwirkung für die Verhandlungen des IG Metall Bezirks Nordrhein-Westfalen haben dürfte. Sie finden am 31. Januar in Düsseldorf statt.
Wie die IG Metall Bielefeld im Vorfeld mitteilte, haben sich im Zuständigkeitsbereich Bielefeld, Schloß Holte, Steinhagen und Halle zwischen dem 8. und 12. Januar bereits 4.500 Beschäftigte in 21 Betrieben an Warnstreiks beteiligt. "Seit dem 1. Januar um 0 Uhr gilt die Friedenspflicht nicht mehr, so dass wir zu Warnstreiks greifen dürfen", erklärt Hans-Jürgen Wentzlaff, zweiter Bevollmächtigter bei der Bielefelder IG Metall, das Prozedere. Den Auftakt der Warnstreikwelle bildete eine Kundgebung bei der Firma Gestamp in Bielefeld am 8. Januar, als gegen 23 Uhr die 153 Beschäftigten der Nachtschicht ihren Arbeitsplatz verließen.
"Werden die Forderungen nicht fallen lassen"
Die Forderungen sind klar: Die Arbeitnehmer verlangen nicht nur sechs Prozent mehr Entgelt und eine Ausbildungsvergütung ab Januar für zwölf Monate, sondern auch einen Anspruch auf die "kurze Vollzeit". Das bedeutet: Es gibt die Möglichkeit, seine Wochenarbeitszeit für maximal zwei Jahre auf bis zu 28 Stunden zu reduzieren und anschließend in Vollzeit zurückzukehren. Ein Zuschuss für Beschäftigte, die ihre Kinder betreuen, Angehörige pflegen oder durch Schichtarbeit besonders belastet sind, soll Einkommensverluste aus der Arbeitszeitverkürzung mindern. Für Auszubildende und Dualstudierende will die IG Metall einen arbeitsfreien Tag vor jeder Prüfung durchsetzen.
"Mit dem Gedanken an einen Entgeltzuschuss für diejenigen, die in Teilzeit arbeiten, tun sich die Arbeitgeber noch sehr schwer", sagt Wentzlaff. In den drei vorangegangenen Tarifrunden hatten sich die Konfliktparteien kaum angenähert. Die Arbeitgeber waren lediglich bereit, den Mitarbeitern eine Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro und eine Entgelterhöhung von zwei Prozent zu gewähren. Für die Arbeitnehmer ist das zu wenig. "Wir werden unsere entscheidenden Forderungen nicht fallen lassen", kündigt Wentzlaff vorsorglich an. Allein im Bielefelder Einzugsgebiet verfügt die Gewerkschaft über rund 17.000 Beschäftigte. Bundesweit sind 3,9 Millionen Metaller von den derzeitigen Tarifverhandlungen betroffen.
Bevor es am 31. Januar in Düsseldorf in die vierte NRW-Tarifverhandlung geht, tagt am 25. Januar in Sprockhövel die IG Metall-Tarifkommission NRW. Tags darauf trifft sich der Bundesvorstand der Gewerkschaft in Frankfurt.Thema dürften auch die Verhandlungen im Bezirk Baden-Württemberg sein. Von ihnen hängt nämlich das weitere Vorgehen der Kollegen in Nordrhein-Westfalen ab. Neben einem 24-stündigen Warnstreik "in ausgewählten Betrieben", wie Wentzlaff es formuliert, ist offenbar auch die Urabstimmung über einen unbefristeten Streik eine denkbare Option. Um welche Unternehmen es sich handeln könnte, dazu wollte der Gewerkschafter aus Bielefeld noch keine Angaben machen. "Wir werden das Kaninchen erst aus dem Zylinder lassen, wenn alles spruchreif ist", sagt Wentzlaff gestern. Auch die Mitarbeiter des Haller Unternehmens Koyo Bearings Deutschland GmbH und der Steinhagener Hörmann KG waren zur Teilnahme an der Kundgebung in Bielefeld aufgerufen. Welche Auswirkungen die Warnstreiks für die Hersteller von Wälzlagern und Toren, Türen, Zargen und Antrieben haben, wie die Arbeitgeber den Forderungen gegenüberstehen und ob beide Unternehmen eine Eskalation der Auseinandersetzung befürchten, war gestern nicht in Erfahrung zu bringen. Beide Unternehmen waren nicht für eine Stellungnahme erreichbar.