Verhandlungen: Kleine und mittelständische Betriebe könnten von der Forderung der Gewerkschaft nach verkürzten Arbeitszeiten ausgenommen werden
Im Tarifstreit der Metallindustrie stehen die äußeren Zeichen noch auf Konfrontation; auch gestern beteiligten sich tausende Metaller an Warnstreiks. Aber gleichzeitig gibt es jetzt erste Ansätze von Bewegung auf beiden Seiten. In der dritten Verhandlungsrunde haben die Arbeitgeber in Stuttgart der Einrichtung von Arbeitsgruppen zugestimmt. Die sollen über Details der von der Gewerkschaft geforderten Arbeitszeitverkürzung beraten. Bislang hatten es die Unternehmer strikt abgelehnt, darüber zu verhandeln.
Noch größere Bewegung zeigt derzeit die IG Metall. Ihr Vorsitzender Jörg Hofmann hat gegenüber Journalisten in Frankfurt Bereitschaft signalisiert, kleinere und mittlere Unternehmen (Fachjargon: KMU) von der 28-Stunden-Woche ("kurze Vollzeit") auszunehmen. "Wir wissen, dass die Personaldecke bei KMU eine andere ist als in Großbetrieben." Es wäre für die Tarifpolitik "nichts Neues, Leistungen von der Betriebsgröße abhängig zu machen", stellt Hofmann fest. Denkbar wäre auch, die Betriebszugehörigkeit zu einem Kriterium zu machen. Damit Firmen sich darauf einstellen können, dass Mitarbeiter vorübergehend weniger arbeiten wollen, ist für die IG Metall auch eine Frist denkbar, die verstreichen muss zwischen Wunsch nach oder Notwendigkeit von kürzerer Arbeitszeit und tatsächlichem Beginn (Ankündigungsfrist).
Die IG Metall will erreichen, dass Beschäftigte für zwei Jahre die Arbeitszeit von 35 auf 28 Stunden verringern können. Wer dies macht, um Kinder unter 14 oder Pflegebedürftige zu betreuen, soll einen Teillohnausgleich von 200 Euro monatlich bekommen. Schichtarbeiter in "kurzer Vollzeit" sollen 750 Euro pro Jahr zusätzlich bekommen. Damit es sich Beschäftigte in unteren Lohngruppen auch finanziell leisten können.
Für den Arbeitgeberverband Gesamtmetall ist dies eine sozial ungerechte und damit rechtlich unzulässige Forderung. Weil sie andere Teilzeit-Beschäftigte schlechter stelle. Gesamtmetall hat sich dies durch ein in der Weihnachtszeit vorgelegtes Rechtsgutachten bestätigen lassen.
Hofmann ist darüber sichtlich empört: Dieser Schritt "beschädigt massiv die gewachsene Tarifpartnerschaft". Der Gewerkschaftschef will erkannt haben, dass manchen im Arbeitgeberlager die Bestellung des Rechtsgutachtens "peinlich" sei. Gleichwohl wirkt Hofmann ein wenig hilflos beim Versuch, zu erklären, warum die Arbeitgeber am Ende den Lohnausgleich akzeptieren sollen und können, den sie derzeit als rechtswidrig bezeichnen.
Für die Gewerkschaft geht es um eine grundsätzliche gesellschaftspolitische Weichenstellung. "Wir wollen das Partnerschaftsmodell stärken", sagt Hofmann. Er wirft den Arbeitgebern vor, ihr Familienkonzept widerspreche den Wünschen der Beschäftigten, vor allem der jüngeren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.