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Hoffmann übernimmt

"So locker war die Stimmung auf einem DGB-Bundeskongress noch nie", staunt eine erfahrene Delegierte, die das alle vier Jahre tagende "Parlament der Arbeit" schon zum achten Mal erlebt. Zur guten Laune der rund 400 Delegierten im neuen Messegebäude CityCube trägt auch der reibungslose Wechsel von Michael Sommer zu Reiner Hoffmann bei.

 

Nun steht der gebürtige Wuppertaler Hoffmann an der Spitze des Dachverbands DGB, der sich über die acht Einzelgewerkschaften wölbt. Dass der 58-jährige gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann mit dem jungenhaften Gesicht noch nicht so bekannt ist, hat auch damit zu tun, dass er 16 Jahre lang in Brüssel lebte. Dort arbeitete er als stellvertretender Generalsekretär des europäischen Gewerkschaftsbundes. Europa ist ihm gewissermaßen in Fleisch und Blut übergegangen. Kleinstaaterei sei mit ihm nicht zu machen, sagt er bei einer Pressekonferenz. "Wenn es unseren Kollegen in Südeuropa schlecht geht, wird es uns auch schlecht gehen", so Hoffmann. Er tritt für ein europäisches Investitions- und Wachstumsprogramm ein. Auch der Ausbau der Unternehms-Mitbestimmung sei ein Thema, das sich nur europäisch lösen lasse. Doch sein großer Schwerpunkt für die nächsten vier Jahre sei die "gute Arbeit für alle". Der Mindestlohn von 8,50 Euro sei ein Erfolg, aber 8,50 Euro bildeten keinen Schutzwall gegen Altersarmut. "Wir brauchen eine gesellschaftliche Debatte über den Wert der Arbeit", so der neue DGB-Chef.

Auch eine stärkere Souveränität der Arbeitnehmer über ihre Arbeitszeit liegt ihm am Herzen. Vielleicht könnte die Arbeitszeit für junge Eltern flexibler gestaltet werden und ebenso für Beschäftigte, die kurz vor der Rente stünden.

Politisch sieht Hoffmann die Lage so: "Wir werden die Große Koalition treiben". Nicht lockerlassen will der neue DGB-Chef etwa bei der Steuerpolitik. Reiner Hoffmann macht sich wie sein Vorgänger Sommer für den Abbau der Kalten Progression stark. Als Gegenfinanzierung könnte sich der Neue vorstellen, den Spitzensteuersatz von 42 Prozent plus drei Prozent Reichensteuer schon ab 125.000 Euro zu erheben und nicht erst ab 250.000 Euro, wie es heute der Fall ist.

Dem DGB-Vorstand gehört weiterhin Annelie Buntenbach an ("ich lebe normalerweise in Bielefeld, soweit der DGB mich lässt"). Die 59-jährige Tochter eines Schumachermeisters und einer Einzelhandelskauffrau dürfte ihren Schwerpunkt Sozialpolitik beibehalten. Einsetzen möchte sie sich für bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte. Auch werde der DGB nicht akzeptieren, dass der Krankenkassenbeitrag der Arbeitgeber eingefroren werden und nur die Arbeitnehmer künftige Steigerungen schultern sollen.

Bei der Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren hält Buntenbach die Befürchtungen vor einer Frühverrentungswelle für maßlos übertrieben. "Kein Arbeitnehmer wird sich freiwillig arbeitslos melden, um dann von 60 Prozent des Lohns zu leben", ist sie überzeugt.

Gutes Ergebnis für den Chef

  • Reiner Hoffmann wurde mit 93, 1 Prozent der Stimmen zum DGB-Vorsitzenden gewählt. Damit erhielt er ein ähnlich gutes Ergebnis wie Michael Sommer bei seiner erster Wahl 2002. Sommer bekam damals 94,06 Prozent.
  • Mit 88 Prozent der Stimmen wurde Elke Hannack zur Stellvertreterin gewählt. Hannack ist CDU-Mitglied, Hoffmann gehört der SPD an.
  • Die Bielefelderin Annelie Buntenbach bekam 88,6 Prozent der Stimmen. Sie gehört dem DGB-Vorstand bereits seit 2006 an.
  • Neu ist Stefan Körzell. Er erhielt 80,9 Prozent.