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AOK schreibt Job-Kündigung

Die IG Metall hat schwere Vorwürfe gegen die Gütersloher AOK erhoben. Die AOK habe für einen ihrer Versicherten ein Schreiben aufgesetzt, mit dem dieser seinen Job in einer Gießerei verloren hätte. Damit habe sie sich eine Zuständigkeit angemaßt, die ihr nicht gebühre.

 

"Unserer Auffassung nach ist die AOK deutlich zu weit gegangen", sagte Gewerkschaftssekretär Reinhold Tönjes. Wenn die Krankenkasse der Meinung sei, es sei das Beste für den Versicherten, seine jetzige Arbeitsstelle zu kündigen und woanders einen Neustart zu versuchen, hätte sie ihm empfehlen sollen, das Gespräch mit seinem Arbeitgeber und der Arbeitsagentur zu suchen. "Keinesfalls aber darf sie ihm ein Schreiben formulieren und in die Hand drücken, mit dem er sofort und definitiv seinen Beruf verliert. In solch konkrete Regelungen von Arbeitsverhältnissen hat sie sich nicht einzumischen."

Bei dem Betroffenen handelt es sich um einen 53-jährigen, aus Osteuropa stammenden Mann. Er ist seit 2000 als Arbeiter in der Kernmacherei einer heimischen Gießerei beschäftigt, inzwischen aber seit zwölf Monaten aufgrund von Kniebeschwerden erkrankt. Die AOK zahlt ihm das Krankengeld. "Wenn der Mann in diesem Alter und unter diesen Voraussetzungen von sich aus seinen Arbeitsplatz gekündigt hätte, hätte er nie wieder einen Job bekommen. Er wäre in den ALG II-Bezug gerutscht und nie wieder herausgekommen", sagte Tönjes. Zum Glück habe er den von der AOK formulierten Auflösungsvertrag nicht unterschrieben und sei damit nicht zu seinem Arbeitgeber, sondern zur Gewerkschaft gegangen. Den Weg zur IG Metall hatte er laut Tönjes gewählt, weil er angesichts seiner Sprachprobleme - der 53-Jährige spreche nur gebrochen Deutsch - auf Nummer sicher habe gehen wollen. "Ich bin mir nicht sicher, ob ihm überhaupt klar war, was er da unterschrieben hätte."

Dabei, so Tönjes, sei der Mann für den Arbeitsmarkt längst nicht verloren. Das hätten ihm sowohl der Medizinische Dienst der Krankenkassen als auch eine orthopädische Fachpraxis bescheinigt. Der Orthopäde war Anfang des Monats zu der Einschätzung gelangt, der 53-Jährige könne stufenweise wieder in das Erwerbsleben eingegliedert werden und sei ab 1. Dezember gar wieder voll arbeitsfähig.

Sein Arbeitgeber, die Gießerei, lehnte die stufenweise Wiedereingliederung jedoch ab. Sie teilte dem 53-Jährigen schriftlich mit, sie könnten ihn nicht mehr einsetzen, weil sie auch keinen anderen Arbeitsplatz zur Verfügung hätten, der seinem Gesundheitszustand entspreche. Mit diesem Schreiben war K. zur AOK gegangen.

"Der Versicherte hat uns um Beratung gebeten", sagte AOK-Sprecher Michael Hilbert. Die wäre ihm allerdings ohnehin angeboten worden, da sein Krankengeld Ende Januar fristgemäß auslaufe. Es sei Aufgabe der Krankenkassen, keineswegs nur der AOK, ihre Versicherten einige Monate vorher auf den Umstand des Auslaufens hinzuweisen. Hilbert: "Die Versicherten haben dann zwei Möglichkeiten. Entweder sie beziehen das Krankengeld bis zum Ende und stellen einen Reha-Antrag für die Rentenversicherung, oder sie melden sich arbeitslos und hoffen, über das Arbeitsamt eine leichtere, ihren gesundheitlichen Möglichkeiten angemessenere Arbeit zu bekommen. Wir haben in diesem Fall zu der zweiten Option geraten."

Solche Beratungsgespräche, so Hilbert, seien bei der Gütersloher AOK gang und gebe. "Wir betrachten sie als Hilfestellung. Wir möchten unsere Versicherten rechtzeitig darauf hinweisen, welche Möglichkeiten sie haben." Angesichts der medizinischen Prognose für den 53-Jährige habe die AOK-Mitarbeiterin ihm "vollkommen richtig" geraten, sich zügig nach einer neuen, leichteren Arbeit umzusehen. Das, so Hilbert, habe für den 53-Jährigen den Vorteil, dass er sich im Falle einer Jobaufnahme bei einem anderen Arbeitgeber einen Restanspruch auf Krankengeld bewahre. Die Alternative wäre gewesen, ihn Ende Januar auszusteuern und ihn "vermutlich ein für allemal zu einem Rentenfall werden zu lassen."

Der 53-Jährige, so Hilbert, habe sich für diese Beratung bedankt. "Mehr noch: Weil er selber so schlecht Deutsch spricht, hat er die Mitarbeiterin ausdrücklich darum gebeten, ob sie ihm nicht ein Kündigungsschreiben für seine Firma formulieren könnte. Das hat sie dann aus Hilfsbereitschaft getan." Möglicherweise wäre es besser gewesen, so Hilbert, sie hätte es abgelehnt. "Uns daraus aber einen Strick zu drehen oder gar Methode vorzuwerfen, ist vollkommen verfehlt."

Tönjes bezeichnete die Aussagen der AOK indes als "Schutzbehauptung". Tatsache sei, dass die AOK derart weitreichende Arbeitsfragen nicht regeln dürfe. Zum einen dürfe man die Firmen nicht so ohne weiteres mit ihrer Verweigerung der Wiedereingliederung davonkommen lassen, zum anderen sei bei der Auflösung eines derart langen Arbeitsverhältnisses oft eine Abfindung angebracht. Mit einer Eigenkündigung beraube man sich vielleicht solcher Rechte.